Finanzen

Interne Ermittlungen: Was Unternehmen lieber nicht öffentlich machen

Verdachtsmomente im Unternehmen gehören zu den heikelsten Szenarien im Management-Alltag. Doch statt mit öffentlicher Transparenz reagieren viele Führungskräfte zunächst mit Diskretion. Der Reflex, einen Vorfall intern „geräuschlos“ zu klären, ist nachvollziehbar – aber gefährlich. Ohne juristische Begleitung wird aus interner Kontrolle schnell ein unkontrollierbares Risiko.

Strafrechtliche Konsequenzen entstehen oft nicht aus dem Fehlverhalten selbst, sondern durch den Umgang damit. Wer zu spät oder falsch reagiert, öffnet der Strafverfolgung die Tür – oder stellt sich selbst ein Bein. Genau darum lohnt sich ein genauer Blick auf interne Ermittlungen und deren rechtliche Fallstricke.

Was sind interne Ermittlungen – und wann beginnen sie?

Verteidiger Strafverfahren_Beratung

Interne Ermittlungen sind strukturierte Verfahren, die in der Regel durch ein Compliance-Team, die interne Revision oder externe Berater durchgeführt werden. Ziel ist es, Verdachtsfällen systematisch nachzugehen, die betroffenen Prozesse zu analysieren und Verantwortlichkeiten zu klären – bevor externe Behörden tätig werden oder Schaden für das Unternehmen entsteht.

Häufige Auslöser:

  • Whistleblower-Hinweise, intern oder über externe Meldekanäle
  • Verdachtsberichte aus Audits (z. B. Inventurdifferenzen, Geldflüsse)
  • Hinweise durch Geschäftspartner, etwa zu möglichen Korruptionsvorfällen
  • Arbeitsrechtliche Konflikte, die rechtliche Fragen aufwerfen
  • Erste Anfragen von Ermittlungsbehörden (z. B. Auskunftsersuchen)

Typischerweise bleibt das Verfahren in einer Art Graubereich: Noch ist nichts offiziell. Doch je tiefer intern gegraben wird, desto näher rückt das Risiko, dass ein externer Verteidiger Strafverfahren begleiten muss – nicht nur im Interesse des Einzelnen, sondern auch des Unternehmens.

Risiken für Unternehmen und Mitarbeiter

Jede interne Untersuchung bringt eine Doppelbelastung mit sich. Einerseits will das Unternehmen aufklären, um Haftung, Reputationsschäden und operative Risiken zu minimieren. Andererseits stehen echte Menschen im Fokus – oft Mitarbeiter in Schlüsselpositionen. Schon ein unbedachtes Gespräch oder eine schlecht geführte Befragung kann zur Eskalation führen.

Für das Unternehmen bedeutet das:

  • Risiko der Selbstbelastung: Informationen können gegen das Unternehmen verwendet werden.
  • Rufschaden durch Leaks: Auch eine interne Ermittlung kann über E-Mail-Verläufe nach außen dringen.
  • Versäumnisse im Datenschutz: Sensible Daten werden ohne rechtliche Grundlage erhoben oder gespeichert.
  • Zivilrechtliche Klagen durch Betroffene: Fehlendes Verfahren kann Schadensersatzansprüche begründen.

Für Mitarbeiter (auch Führungskräfte) drohen:

  • Fristlose Kündigung oder Freistellung ohne ausreichende Beweise
  • Strafrechtliche Konsequenzen, sobald Behörden involviert werden
  • Verletzung von Aussageverweigerungsrechten, wenn sie zu Aussagen gedrängt werden
  • Verlust des Ansehens innerhalb des Unternehmens

Verteidiger Strafverfahren zeigen in der Praxis immer wieder: Wenn interne Ermittlungen ohne rechtliche Abgrenzung erfolgen, entstehen daraus die größten Fehler. Der Wunsch, „das intern zu regeln“, darf keine Einladung zur Rechtsunsicherheit sein.

Juristische Grauzonen: Interne vs. externe Verfahren

Verteidiger Strafverfahren_Gesetze

Ob ein Unternehmen von der Staatsanwaltschaft durchsucht wird oder ein Mitarbeiter auf der Anklagebank landet – oft liegt der Ursprung in falsch durchgeführten internen Verfahren. Viele Geschäftsführungen unterschätzen, dass interne Vermerke, E-Mails, Zeugenaussagen oder Befragungsprotokolle später in ein Strafverfahren einfließen können.

Problematisch sind vor allem:

  • Nicht dokumentierte Gespräche, die als Druck empfunden werden
  • Nicht geschulte Ermittler, die keine rechtskonformen Interviews führen
  • Einseitige Aktenlage, die später nicht mehr korrigierbar ist
  • Verzicht auf Rechtsbeistand, etwa bei internen Anhörungen

Besonders prekär: Interne Protokolle werden von Ermittlungsbehörden häufig beschlagnahmt und gegen das Unternehmen verwendet – selbst wenn sie ursprünglich der Aufklärung dienten. Wer also keine juristische Begleitung einbindet, schafft potenzielle Beweismittel gegen sich selbst.

Warum Diskretion nicht immer schützt

Das Mantra „Das klären wir intern“ ist in vielen Firmen tief verwurzelt – aber riskant. Sobald Informationen an Dritte geraten, gerät das Unternehmen außer Kontrolle. Klassische Szenarien:

  • Ein Whistleblower wendet sich gleichzeitig an die Presse oder NGOs.
  • Ein entlassener Mitarbeiter sucht die Öffentlichkeit oder stellt Strafanzeige.
  • Behörden erfahren von Verdachtsmomenten über anonymisierte Informationskanäle.
  • Interne E-Mails werden „versehentlich“ weitergeleitet.

In solchen Fällen ist das Unternehmen gezwungen, zu reagieren – meist nicht mehr aus eigener Stärke, sondern unter öffentlichem Druck. Verteidiger Strafverfahren müssen dann oft mit einer bereits existierenden Beweislage arbeiten, die nicht im Sinne der Verteidigung aufgebaut wurde. Und das lässt sich später nicht rückgängig machen.

Handlungsempfehlung für Unternehmen

Eine juristisch fundierte Vorgehensweise beginnt lange vor der ersten Befragung oder Akteneinsicht. Unternehmen sollten ein festes Notfallprotokoll implementieren, das in Verdachtsfällen automatisch aktiviert wird:

  • Klare Zuständigkeiten definieren (z. B. Legal, Compliance, Externe)
  • Eskalationsstufen festlegen – wann wird wer informiert?
  • Schulungen für interne Ermittler durchführen (Fragen, Grenzen, Dokumentation)
  • Regelungen zur Aussagepflicht und Schweigerecht kennen und anwenden
  • Externe Verteidiger frühzeitig einbinden, um Risiken rechtlich zu minimieren

Nur wenn juristische und operative Perspektiven zusammenwirken, lassen sich interne Ermittlungen sauber, effizient und risikoarm durchführen.

Keine interne Lösung ohne juristische Expertise

In der Praxis sehen sich Unternehmen immer häufiger mit strafrechtlichen Fragestellungen konfrontiert – und reagieren zu spät. Dabei ist die präventive Einbindung eines Strafverteidigers kein Schuldeingeständnis, sondern professionelle Risikoabsicherung. Ein erfahrener Verteidiger im Wirtschaftsstrafrecht erkennt Gefahrenquellen früh und sorgt dafür, dass aus interner Aufklärung kein juristischer Bumerang wird.

Verteidiger Strafverfahren beginnen oft dort, wo Unternehmensleitungen sich zu sicher fühlen.

✅ Checkliste: So vermeiden Unternehmen strafrechtliche Risiken bei internen Ermittlungen

Diese Checkliste hilft Geschäftsführern, Compliance-Officern und HR-Leitern dabei, bei internen Untersuchungen die entscheidenden Schritte nicht zu übersehen – und keine Beweise gegen sich selbst zu schaffen. Jede Maßnahme ist ein Puzzlestück im präventiven Schutz vor Verteidiger Strafverfahren.

✅ Erledigt? Maßnahme
Vorbereitungsteam festlegen: Wer ist verantwortlich? Wer darf intern ermitteln? Wer spricht mit wem?
Frühe Einschaltung eines Strafverteidigers – nicht erst bei offizieller Anzeige, sondern bei internem Anfangsverdacht
Eskalationsplan aufsetzen: Definierte Abläufe für Verdachtsmomente, inklusive Zeitfenster, Kommunikationskette und Meldepflichten
Vertraulichkeit sicherstellen: Dokumente, Befragungen und Ergebnisse nur zugänglich für berechtigte Personen
Zugriffsrechte auf interne Daten prüfen: Wer darf was lesen, analysieren, auswerten? Datenschutz beachten
Zeugen- und Beschuldigtenstatus klären: Wer darf was sagen, wer hat Aussageverweigerungsrecht? Keine Drucksituationen erzeugen
Rechtsbelehrung vor internen Gesprächen dokumentieren: Jeder Befragte muss wissen, was seine Rechte sind
Protokollierung standardisieren: Jedes Gespräch schriftlich dokumentieren – mit Datum, Uhrzeit, Teilnehmern, Wortlaut
Verwertbarkeit prüfen lassen: Vor Weitergabe oder Nutzung von Aussagen: juristische Prüfung durch Verteidiger oder Legal-Team
Informationsfluss nach außen kontrollieren: Interne Aufklärung darf nicht unkontrolliert an Presse oder Behörden dringen
Maßnahmen nur nach rechtlicher Bewertung setzen: Freistellung, Kündigung oder Anzeige nur mit Rücksprache mit Rechtsbeistand
Lessons Learned intern dokumentieren: Nach Abschluss der Untersuchung: Prozesse anpassen, Risiken abstellen, Schulungen planen

Kontrolle beginnt mit Klarheit

Wer interne Ermittlungen richtig angeht, sichert nicht nur den Ruf seines Unternehmens – sondern minimiert auch persönliche und rechtliche Risiken. Führung heißt hier nicht vertuschen, sondern vorbereitet handeln: transparent, rechtssicher und mit klarer Struktur. Nur dann bleibt Kontrolle auch wirklich in der eigenen Hand.

Bildnachweis:

Gina Sanders & Ingo Bartussek & utah51/Adobe Stock

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